Geschichte

Daitō-ryū Die Geschichte

Der Ursprung des Daitō-ryū (ryū = jap. Stil, Schule, Strömung) liegt in einem System, das tegoi genannt wird. In einer Aufzeichnung im Kojiki den „Aufzeichnungen historischer Ereignisse, Japans ältestem bekannten, um 712 geschrieben Buch wird folgende Begebenheit beschrieben: Als die Göttin Amaterasu-ōmikami dem Gott Takeminakata no Mikoto befahl, ihr ihr Land zurückzugeben, trug dieser mit dem Gott Takemikazuchi no Mikoto ein Wettkampf aus. In diesem Wettkampf wurde das tegoi- Kampfsystem benutzt, von dem man sagen kann, dass es der Vorläufer des heutigen Sumo ist.
Früher wurden Sumo-Wettkämpfe anlässlich religiöser Feste veranstaltet. Kaiser Seiwa (Regierungszeit 858-876) stellte zwei Wachkompanien auf, die Ukon und die Sakon, und machte Sumo zur Kriegskunst. Der Legende nach soll er seinen Thron in einem Sumo-Kampf gewonnen haben, in dem sein Sumotori den besten Sumotori seines älteren Bruders besiegte. (Diese Begebenheit kann in dem Buch Gempei Seisuiki, Aufstieg und Fall der Minamoto und Taira, nachgelesen werden). So kann der Kaiser als Begründer des Daitō-ryū gesehen werden.

Shinra (daito) Saburo Minamoto no Yoshimitsu (1045-1127)

Shinra Saburō Minamoto no Yoshimitsu (1045-1127)
In der 6. Generation nach Kaiser Seiwa ist Shinra Saburō Minamoto no Yoshimitsu als herausragender Mann in der Entwicklung des Daitō-ryū zu nennen. Er war ein Sohn des Prinzen und Chinjufu-shogun  Minamoto no Yoriyoshi. Saburō, auch Daitō-Saburō genannt, da er viel Zeit auf seiner Sommer-Residenz in Daitō verbrachte, entwickelte neue Zweikampftechniken. Der Legende nach ließ er sich von Spinnen inspirieren von ihrer Art, ihre Beute zu fangen. Saburō war als ausgezeichneter Reiter bekannt und ein Meister im Kenjutsu, Kyūjutsu und Sōjutsu
(Schwert-, Bogen- und Speerkampf).
Im Gosamen-Krieg (1083-1087) kämpfte Saburō zusammen mit seinen Brüdern unter kaiserlicher Fahne gegen den Kiyohata-Clan. Die Minamotos kämpften oft für den Kaiser. Zusammen mit seinem Bruder Yoshiie belagerte Saburō die Burg Kanazawa. Die Belagerung dauerte ein Jahr und war erfolgreich. Es wird gesagt, dass die Minamoto-Brüder in dieser Zeit die Körper gefallener Feinde studierten und so die waffenlosen Kampftechniken perfektionieren konnten.
Aufgrund seiner militärischen Stärke wurde Saburō vom Kaiser zum Fürsten von Kai ernannt. Einer seiner Söhne, Minamoto no Yoshikiyo, zog in die Stadt Takeda in der Region Kai (heutige Yamanashi-Präfektur), und nahm den Namen Takeda Yoshikiyo an. So wurde der Takeda-Clan geboren.
Aufzeichnungen dieser Begebenheiten befinden sich im Ise-Schrein. Takeda Tokimune hat sie einsehen können.

Takeda Shingen (Katsuchiyo), der Tiger von Kai (1521-1573)Takeda Shingen wurde an dem Tag geboren, an dem sein Vater Takeda Nobutora in der Schlacht von Iidagawara Fukushima Ujikatsu und den Imagawa-General besiegte. Wie schon sein Vater, den er nach einer Revolte 1541 ins Exil nach Suruga schickte, war auch Shingen ein großer Feldherr und definitiv eine der herausragenden Persönlichkeiten Japans. Da seine Biographie den Rahmen dieser Geschichte des Daitō-ryū sprengen würde, hier „nur; ein tabellarischer Lebenslauf:

1521 Takeda Nobutora besiegt Fukushima Ujikatsu und einen General aus Imagawa in der Schlacht von Iidagawara. Kurz danach erfährt er von der Geburt seines Sohnes, der den Kindesnamen Katsuchiyo (Shingen) erhält.
1524 Takeda Nobutora schließt Frieden mit Hōjō Ujitsuna.
1534 Shingen soll die Tochter von Ōgigayatsu Tomosada (auch unter dem Namen Uesugi Tomooki bekannt), der über reichlich Land in Kanto verfügt, heiraten.
1535Takeda Katsuchiyo (Shingen) wird mit Erlaubnis des Shōguns „Harunobu genannt, eine Ehre, da „Haru ein Namensbestandteil von Shōgun Ashikaga Yoshiharu ist.
1541Takeda Harunobu (Shingen) wird im Juli daimyō Kai nach einer Rebellion gegen seinen Vater Nobutora. Nobutora wird von Imagawa Yoshimoto eingesperrt und später nach Sugura verbannt.
1542 Im April verteidigt sich Takeda Harunobu erfolgreich gegen die alliierte Armee der Shinano-Feldherren in Sezawa, Provinz Shinano, und startet einen Angriff im Süden von Shinano.
1544 Im November besiegt Takeda Harunobu Fujisawa Yorichika am Ina-Matsushima in der Shinano Provinz.
1545 20. April: Takeda Harunobu belagert Fujisawa Yorichikas Stammsitz, Fukuyo, im Ina-Distrikt.
20. Mai: Fujisawa Yorichikas Schwager Ogasawara Nagatoki reist von seiner Burg ab, um Yorichika beizustehen.
6. Juni: Fujisawa Yorichika schickt seinen jüngeren Bruder, Gonjiro, als Geisel zu Takeda Harunobu und gibt auf. Seine Burg wird noch am selben Tag niedergebrannt.
13. Juni: Nach dem Sieg über den Ina-Distrikt, schickt Takeda Harunobu seine Armee nach Shiojiri, Tsukama-Distrikt.
16. August: Imagawa Yoshimoto gewinnt die Schlacht gegen Hōjō Ujiyasu in Kitsunebashi, in der Suruga Provinz. Takeda Harunobu unterstütze ihn in der Schlacht.
16. September: Imagawa Yoshimoto besiegt Hōjō Ujiyasu am Yoshiwara in der Suruga Provinz, wieder mit der Unterstützung von Takeda Harunobu.
22. Oktober: Harunobu vermittelt zwischen Imagawa Yoshimoto und Hōjō Ujiyasu. Ujiyasu zieht seine Truppen einen Monat später aus Suruga ab.1546Im März greiftTakeda Harunobu Murakami Yoshikiyos Toishi-Burg in Shinano an, wird aber in Uenohara zurückgeworfen.
9. Mai: Harunobu greift Ōi Sadakiyos Uchiyama-Burg in Shinano an.
Am 20 Mai fällt diese in seine Hände.1548September – Harunobu erleidet eine Niederlage durch Murakami Yoshikiyo, der als erster in der japanischen Geschichte eine Schlacht mit Feuerwaffen führte. (Murakami benutzte Waffen aus chinesischer Fertigung.)
1553September – Takeda Harunobu steht zum ersten Mal Uesugi Kenshin in einer Schlacht in der Shinano-Provinz gegenüber. Diese wurde auch als die Fuse-Schlacht bekannt.
155519. Juli: Takeda Harunobu und Uesugi Kenshin stehen sich in der Schlacht um Kawanakajima ein zweites Mal gegenüber. Diese wurde auch als Schlacht der Saigawa bekannt.
1559Takeda Harunobu hat Shinano fast vollständig eingenommen. Er nimmt den Namen Takeda Shingen an.
1561Im Oktober kommt es zur vierten und größten Schlacht zwischen Takeda Shingenund Uesugi Kenshin in Kawanakajima.
Shingen wehrt einen Angriff von Uesugi Kenshin ab.
1563Uesugi Norikatsu wird von Takeda Shingen und seinen Verbündeten Hōjō Ujiyasu am Musashi-Matsuyama in der Musashi Provinz geschlagen.
1564September: Die fünfte und letzte Schlacht zwischen Uesugi Kenshin und Takeda Shingen findet in Kawanakajima statt.
1565Shingens Sohn, Takeda Yoshinobu, zettelt eine Verschwörung in Kai an. Er wird entlarvt und muss seppuku begehen.
1568Der Krieg zwischen dem Takeda- und Imagawa-Clan beginnt.
1569 23. Juni: Takeda Shingen befördert Anayama Nobukimi zum General.
2. Oktober: Shingen schlägt einen Angriff der Hōjō nieder, und kehrt nach Kōfu zurück.
November: Shingen schließt die Odawara-Burg in Sagami mit seinen Truppen ein,gibt aber nach einer Woche nach und besiegt die Hōjō zur gleichen Zeit in der Schlacht um Mimasetoge.
1570 Im Januar führt Shingen eine Armee in die Suruga-Provinz.
Februar: Shingen besiegt Ōhara Sukeyoshi, und nimmt die Hanzawa Burg ein .
Juni: Shingen trifft mit Hōjō und Imagawa Truppen in der Suruga-Provinz zusammen.
1571 Takeda Shingen steht ein letztes mal Uesugi Kenshin gegenüber, dieses Mal am Tone, einen Fluss in Kozuke.
1572 Januar: Takeda Shingen schließt Frieden mit Hōjō.
November: Shingen bricht mit seiner Armee in Richtung Tokugawa-Gebiet auf.
Dezember: Akiyama Nobutomo, ein Gefolgsmann der Takeda, nimmt die Burg Iwamura in Mino vom Oda-Clan ein.
1573 6. Januar: Takeda Shingen besiegt Tokugawa Ieyasu in der Schlacht von Mikatagahara.
13. Mai: Während der Belagerung der Noda-Burg in Mikawa wird Shingen entweder durch einen Schuss von einem Scharfschützen verwundet oder erkrankt (vermutlich an TB). Es gibt darüber verschiedene Ansichten. Er starb in Kobama/Shinano im gleichen Monat. Es heißt, dass sein Tod für zwei Jahre geheim gehalten wurde. Sein Nachfolger war sein vierter Sohn, Takeda Katsuyori.
Takeda Nobutora stirbt im gleichen Jahr.
1574 März: Takeda Katsuyori besiegt Tokugawa Ieyasu und nimmt die Taketenjin- Burg in Tōtōmi ein.
1575 28. Juni: Oda Nobunaga und Tokugawa Ieyasu besiegen Takeda Katsuyori in der Schlacht um Nagashino. Ein weiteres Mal hat sich der Einsatz von Schusswaffen bewährt. 10.000 Takeda-Samurai wurden niedergemetzelt.
1579 Oktober: Die Takeda und die Hōjō kämpfen in der Nähe der Numzu-Burg in der Suruga-Provinz.
1580 April: Die Schlacht von Omosu zwischen den Takeda und Hōjō wird zu Land sowie zu Wasser ausgetragen.
1581Tokugawa Ieyasu erobert die Burg Taketenjin in Tōtōmi von Takeda Katsuyori zurück.
1582 Mai: Oda Nobunaga und Tokugawa Ieyasu fallen in den Provinzen Kai und Shinano ein und besiegen dort Takeda Katsuyori. Der begeht seppuku. Das ist das Ende der Takeda als Kriegsmacht.
Glücklicherweise war im Februar 1574 nach Shingens letztem Willen Shingens Neffe Takeda Kunitsugo nach Aizu gegangen und wurde dort von daimyō Moriuji Ashina, einem alten Freund von Shingen, aufgenommen.

Takeda Sōkaku, 1859-1943

Takeda Sōkaku kam als zweiter Sohn des Takeda Sokichi am 10. Oktober 1859 in Oike/Aizu in der heutigen Fukushima-Präfektur zur Welt.
Schon als Kind lernte Sōkaku kenjutsu, bōjutsu, Sumo und Daitō-ryū von seinem Vater. Außerdem lernte er noch Ono-ha Ittō-ryū im Yokikan-Dōjō unter Shibuya Toba. 1873 reiste Sōkaku zusammen mit seinem Vater zum Dōjō von dessen Freund, des Schwertmeisters Sakakibara Kenkichi (Kashima Shinden Jikishinkage-ryū). Sōkaku wurde dort uchideshi (Haus-Schüler). Im Sakakibara-Dōjō war es Sōkaku vergönnt, mit vielen damals berühmten Schwertmeistern zu trainieren. Etliche dieser Meister waren ehemalige Mitglieder des Kobusho des Tokugawa Shogunats, eine Kampfkunstschule für Gefolgsleute der Regierung. Sōkaku trainierte voller Enthusiasmus und erwarb Fähigkeiten in den verschiedensten Kampfkünsten, wie z. B. Schwert (ken), Stab (bō), halblanger Stab (hankyu), kurzer Stab (jō) und „Wurfmessern (shuriken). In der Speerschule Hōzōin-ryū erhielt er eine Lizenz (inka).
Auf seinen vielen Reisen durch Japan hat Sōkaku stets seine Fähigkeiten getestet und verbessert. Er besuchte unzählige Dōjō. Aber er schulte auch beständig seine geistig- spirituellen Fähigkeiten durch Meditation und asketisches Training an heiligen Plätzen wie dem Udomyjin in Kyushu, dem Berg Futara in Nikkō und dem Berg Haguro in der Dewa-Provinz (den heutigen Akita- und Yamagata-Präfekturen). Seine Schwertkunst erreichte eine hohe Perfektion und er wurde als „der kleine Tengu aus Aizu bezeichnet und gefürchtet. (Ein Tengu ist ein langnasiger Dämon, bekannt für seine Perfektion in den Kampfkünsten.)
Um 1875 hörte Sōkaku von dem Gerücht, dass Saigō Takamori (nicht Saigō Tanomo) in Satsuma eine Rebellion gegen die Truppen des Meiji-Kaisers, begonnen hatte. Sofort entschied er sich dafür, Saigō zu Hilfe zu eilen. Er ereichte Kyushu, aber es war ihm nicht vergönnt, sein Ziel zu erreichen. So ging er zurück nach Ōsaka, wo er das nächste Jahr als Gast im Kyoshin-Meichi-ryū-Dōjō des Schwertmeisters Momonoi Shunzo verbrachte.
Die Kunst des Daitō-ryū hat Sōkaku zwar von seinem Vater Sokichi gelernt, aber es war Saigō Tanomo, ein Kanzler des Aizu-Clans, der ihm Oshikiuchi (geheime Kampfkunst des Aizu-Clans) lehrte. Nach der Meiji-Restauration, wurde Saigō Tanomo ein Shintō-Priester und nahm den Namen Hoshina Chikanori an. Sōkaku besuchte ihn im Tsutsukowake-Schrein in Fukushima, um dort für die Aufnahme als Priester zu lernen. Obwohl Sōkaku sich entschieden hatte, nicht den Weg des Priesters einzuschlagen, hat er seinen Mentor oft besucht. Es heißt, Sōkaku habe unter der Anleitung von Chikanori eine geheimnisvolle Entwicklung erlebt, die es ihm möglich gemacht habe, die Gedanken anderer zu erfassen. Man sagte ihm nach, dass er die Vergangenheit, die Gegenwart, und die Zukunft einer Person kannte, noch bevor diese ihm vorgestellt wurde. Sōkaku drang in die wahren Tiefen des Oshikiuchi ein. Sōkaku war kaum größer als 150 cm, aber sein Blick war bohrend und seine Techniken waren auf einem fast übernatürlich Niveau.
Zu Begin der Meiji-Periode, waren die Zeiten des Schwertes vorüber und so wurden die Jujutsu-Techniken, die bis dahin ein Schattendasein gefristet hatten, populär. Und so war auch die formale Nachfolge der Familientradition gesichert. Sōkaku betrieb nun Daitō-ryū-Aiki-Jujutsu und Ono-ha Ittō-ryū. Er bereiste Japan, um diese Künste zu lehren und wurde auch als chuko no so (Reformator) des Daitō-ryū bekannt.
Unter seinen Schülern waren bekannte Persönlichkeiten, wie der berühmte Schwertmeister SaigoTsugumichi, Hokushin Ittō-ryū-Meister Shimoe Hidetaro, und der Begründer des Aikidō, Ueshiba Morihei (18831969), sowie Armee- und Marine- Offiziere, Richter, Polizeibeamte, berühmte Kampfkünstler und andere prominente Personen. Man geht aufgrund der Siegel und Unterschriften in den eimeiroku (Teilnehmerlisten in Buchform) von mehr als 30.000 Personen aus, die bei Sōkaku gelernt haben.
Auf seine alten Tage konzentrierte Sōkaku seine Aktivitäten auf Hokkaidō. Er starb am 25. April 1943 im Alter von 83 Jahren, während er in der Aomori-Präfektur lehrte.